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Artur Pfau und Rudolf Schwarz im Historischen Archiv des Erzbistums Köln

von Ulrich Helbach

Artur Pfau (Fotograf, 1909–2002) und Rudolf Schwarz (Architekt, 1897–1961), beide Meister ihres jeweiligen Fachs, arbeiteten in den 1950er Jahren eng zusammen. Pfau setzte die Bauwerke des Architekten – besonders die Kirchen – fotografisch in Szene. Die Ergebnisse dieser kreativen Allianz sind seit 2012/13 in Form von 1.175 Fotos im Historischen Archiv des Erzbistums Köln (HAEK) zu finden. Und das, obwohl Artur Pfau die meiste Zeit seiner Lebens- und Schaffenszeit in Mannheim verbrachte. Aus diesem Grund liegt auch der weitaus größte Teil seines Nachlasses (etwa 60.000 Fotos) in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen. Der Transfer eines Teils des Nachlasses rheinabwärts nach Köln ist also durchaus bemerkenswert und es stellt sich unweigerlich die Frage, wie dieser fotografische Schatz seinen Weg nach Köln fand.

Entscheidend war die Tatsache, dass der Nachlass des erwähnten Architekten Rudolf Schwarz damals bereits im HAEK lag, was das Archiv zu einer Art Pilgerstätte für internationale Fachleute auf dem Gebiet der Architekturgeschichte machte. In den Jahren 1987–89 hatte Professorin Maria Schwarz, die Witwe des verstorbenen Architekten, dessen Nachlass in die Obhut des Erzbistumsarchivs übergeben. Enthalten sind u.a. etwa 18.000 Pläne und Handskizzen des Meisters, für die Architekturforschende aus aller Welt noch immer nach Köln kommen – die Digitalisierung der Pläne ist in Vorbereitung.
Außerdem sind im genannten Nachlass von Rudolf Schwarz Papierabzüge der Fotos enthalten, die Artur Pfau ab den 1950er Jahren im Auftrag des Architekten anfertigte. Dazu kam im Jahr 2012 auf Initiative des Archivs und mit Unterstützung von Maria Schwarz auch ein exzeptioneller Teil des Fotonachlasses von Artur Pfau in den Besitz des Archivs. Es handelt sich dabei um 1.175 Bilder, darunter 529 Glasplatten-Negative aus den Firmennachlass von Artur Pfau. In den Jahren 2016/17 wurden diese im LVR-Medienzentrum Düsseldorf hochwertig digitalisiert und anschließend archivisch erschlossen. Ende 2022 konnten diese Digitalisate im „Greven Archiv Digital“ der interessierten Öffentlichkeit und dem internationalen Fachpublikum zugänglich gemacht werden.

Die langjährige berufliche Beziehung der beiden Männer wirft folgende Fragen auf: Wer war Artur Pfau und wie kam es zu der langjährigen Kooperation?
Schwarz, einem der bedeutendsten Architekten seiner Zeit, war es wichtig, seine Bauwerke fotografisch in Reinform dokumentieren zu lassen, sozusagen als „moderne Baukunst, wie Gott sie schuf“. Fotos seien „gut geeignet, die Eigenart und Fügung der Baustoffe und die Wirkung von Licht und Schatten zu belegen“, und: „Ich habe meine Bauten, wenn sie fertig waren, kaum je wieder gesehen“. Diese Aussagen lassen auf die überdurchschnittliche Bedeutung schließen, die die exzellente fotografische Dokumentation seiner Bauwerke für den Architekten hatte.
Seit dem Ende der 1920er Jahre hatte Schwarz intensiv mit dem gleichaltrigen Fotografen Albert Renger-Patzsch (1897–1966), einem renommierten Vertreter der Neuen Sachlichkeit, zusammengearbeitet. Seine Fotos sollten dem „Wesen des Gegenstands“ verpflichtet sein und größtmögliche Objektivität anstreben, so Renger-Patzsch im Jahr 1927. Rudolf Schwarz sagte in Bezug auf die frühen Aachener Aufnahmen des Fotografen den bis heute zitierten Satz: „Was wäre die Architektur ohne Fotografen!“

Artur Pfau wurde im Jahr 1909 in Bad Godesberg geboren und war damit mehr als zehn Jahre jünger als Rudolf Schwarz. Noch als Schüler zog er 1919 mit seiner Familie nach Bad Kreuznach. Über den (katholisch-)kirchlichen Jugendbund „Quickborn“ lernte er in den späten 1920er Jahren den Architekten Rudolf Schwarz kennen – zunächst aber noch nicht persönlich. Pfau war damals als kaufmännischer Angestellter auf Burg Rothenfels – dem Sitz des besagten Jugendbundes – tätig, wo Schwarz 1927/28 einen Umbau leitete. Schwarz, damals Direktor der Aachener Kunstgewerbeschule, erkannte Pfaus Begabung und nahm ihn im Jahr 1930 an besagter Schule an. Auf den Rat seines Lehrers hin verfolgte Pfau jedoch nicht den eigentlich angedachten Weg in die Kunst (Malerei), sondern entschied sich für Studien in einem handwerklichen Fach. Pfau „wich auf Film und Fotografie aus“, so sagte er es später, im Jahr 1991, gegenüber Professorin Maria Schwarz.

Der wegen eines Unfalls in der Kindheit auf einem Auge erblindete Artur Pfau begann 1930/31 mit ersten fotografischen Arbeiten. Er studierte in München an der „Bayerischen Staatslehranstalt für Lichtbildwesen“ die Fächer Fotografie und Kinotechnik, konnte danach aber zunächst nicht beruflich Fuß fassen. 1937 zog er mit seiner Frau nach Mannheim, machte die Fotografenmeisterprüfung und eröffnete einen eigenen Betrieb. 1940 erfolgte die Einberufung zur Wehrmacht. Nach dem Krieg konnte Pfau sich 1945 unter amerikanischer Besatzung als Fotograf profilieren und erhielt so Verantwortung in der Fotografen-Innung. Im selben Jahr richtete er ein Atelier und Fotogeschäft ein und erhielt ab 1947 offizielle Aufträge für Fotoaufnahmen bei Veranstaltungen in Mannheim und dem Umland. Die Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen bezeichnen Pfau als einen der aussagestärksten fotografischen Zeitzeugen Mannheims für die Zeit von 1937 bis 1983.
Pfaus Geschäft florierte seit der Währungsreform 1948 und er begann, sich auf die Architekturfotografie zu spezialisieren. Ausschlaggebend dafür könnte die prägende Beziehung zu Rudolf Schwarz rund 15 Jahre zuvor gewesen sein – der Kontakt der beiden Männer war nie ganz abgerissen. Auch Schwarz, dessen Ruf sich auf die Aachener Jahre (1927–1934) begründete, profitierte vom Neuanfang aus den Trümmern. Er erhielt zahlreiche Bauaufträge und war von 1946 bis 1952 als Generalplaner für die Stadt Köln, wo sich nach dem Krieg sein Lebensmittelpunkt befand, tätig. Er legte den Schwerpunkt seiner Bautätigkeit danach hauptsächlich auf Sakralbauten.

Artur Pfau, für den immer wieder eine gestalterische Strenge im Bildaufbau festgestellt wird, übernahm Fotoaufträge für rund 30 Architekten, darunter Dominikus und Gottfried Böhm, Egon Eiermann, Giefer und Mäckler, Johannes Krahn, Lange und Mitzlaff, Andreas Plattner, Sepp Ruf, Martin Weber und eben Rudolf Schwarz. Allein von 1954 bis 1966 fotografierte er 124 Kirchen namhafter Architekten. Für Rudolf Schwarz wurde Artur Pfau bald zum wichtigsten fotografischen Auftragnehmer. Nach Schwarz’ frühem Tod im Jahr 1961 blieb die Verbindung zwischen seiner Witwe Maria Schwarz, die ausstehende Projekte ihres verstorbenen Mannes als Architekturbüro Schwarz und Partner fortführte, und Artur Pfau bestehen. Dieser übergab sein Geschäft in Mannheim 1976 seinem Sohn Christof, ebenfalls Fotograf. Später verließen Pfau und seine Frau Mannheim und zogen nach St. Augustin bei Bonn. 2002 verstarb Artur Pfau im Alter von 93 Jahren in Siegburg.

Literatur und Quellen:

Historisches Archiv des Erzbistums Köln, Nachlass Rudolf und Maria Schwarz.

Rudolf Schwarz: Kirchenbau. Welt vor der Schwelle, Heidelberg 1960.

Artur Pfau (1909–2002). Fotograf und Zeitzeuge Mannheims. Katalogbuch zur Ausstellung in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim 2012, hg. v. den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Heidelberg u.a. 2012. (Beiträge zur Mannheimer Kunst- und Stadtgeschichte, Band 2).

Maßvoll sein heißt sinnvoll ordnen. Rudolf Schwarz und Albert Renger-Patzsch. Der Architekt, der Photograph und die Aachener Bauten. Katalog zur Ausstellung im Suermondt-Ludwig-Museum Aachen, 26. Oktober–7. Dezember 1997, Aachen 1997.

Wolfgang Pehnt, Hilde Strohl: Rudolf Schwarz. Architekt einer anderen Moderne, Köln 1997.

Michael Kohler: „Moderne Baukunst, wie Gott sie schuf.“, in: Kölner Stadtanzeiger vom 16.12.2016.

Ulrich Helbach (geb. 1958) ist promovierter Historiker, Archivar und seit 2004 Leiter des Historischen Archivs des Erzbistums Köln. Seit 2016 hat er außerdem einen Lehrauftrag an der Universität Bonn im Fach Archivkunde inne. In seiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt er sich vor allem mit der Regional- und Kirchengeschichte des Rheinlandes, besonders in der Zeit des Nationalsozialismus und den Jahren nach dem Kriegsende.